Ein „Experiment“ verlieh Alfa Romeo neuen Schwung!

110311_AR_HB_RZ_02

110311_AR_HB_RZ_03Um der 1986 übernommenen Marke Alfa Romeo neues Leben einzuhauchen, griff Fiat zu unkonventionellen Ideen mit dem Projekt „Experimental Sportscar, 3.0 litre engine“. Ziel für den unter dem Kürzel ES 30 geführten Entwicklungsauftrag war ein puristisches Coupé mit sportlichen Fahrleistungen und Aufsehen erregendem Design. 1992 ergänzte der offene Alfa Romeo RZ (RZ steht für Roadster Zagato) das Angebot.

Um den zweiten Punkt Design kümmerten sich gleich drei Teams parallel: die Alfa-Designabteilung unter der Leitung von Walter de Silva, der später auch am Alfa Romeo 156 beteiligt war; das Fiat Centro Stile mit Projektleiter Robert Opron, zuvor unter anderem Designer des Citroën-Maserati SM, und das Designstudio Zagato, das seit Jahrzehnten für spektakuläre und im Rennsport erfolgreiche Modelle der Marke verantwortlich war.

Das Ergebnis war ein für seine Zeit avantgardistisches Design mit schmalen, quadratischen Dreifach-Scheinwerfern, eine ausgeprägte Keilform mit hoher Gürtellinie und kurzem Steilheck. Eine kontrovers diskutierte Optik, die dem Projekt ES 30 schnell den Spitznamen „Il Mostro“ einbrachte.

Die aufwändige Karosserie wurde aus Modar, einem glasfaserverstärktem Kunstharz, beim italienischen Spezialisten Carplast gefertigt. Ein neues Verfahren sorgte für eine besonders glatte Oberfläche. Als tragende Struktur diente ein Stahlskelett. Für das Dachhaut wurde Aluminium verwendet. Das fertige Fahrzeug wog vergleichsweise geringe 1256 Kilogramm.

Als Antriebsquelle wählten die Techniker den V6-Benziner mit drei Litern Hubraum aus dem Alfa Romeo 75 America. Dessen Leistung steigerten sie unter anderem durch schärfere Nockenwellen und neu programmierte Motorelektronik auf 210 PS (155 kW). Das maximale Drehmoment von 245 Newtonmetern war bei 4500 Umdrehungen in der Minute erreicht. Eine Sportauspuffanlage lieferte den kernigen Sound des nicht einmal 4,10 Meter langen Wagens.

Alfa Romeo SZ (1989–1993).

Der Luftwiderstandsbeiwert von 0,30 war ebenfalls für die Zeit hervorragend. Das Ergebnis ausgiebiger Versuche im Windkanal war eine Höchstgeschwindigkeit von 245 km/h und eine Zeit von 7,5 Sekunden für den Sprint aus dem Stand auf Tempo 100 km/h.

Um den geforderten Ground-Effect zu erreichen, musste die Karosserie allerdings eine geringe Bodenfreiheit aufweisen. Sie betrug rund sechs Zentimeter. Da sie im Alltag zu Problemen beispielsweise mit Einfahrten geführt hätte, wurde eine elektrische Niveauregulierung eingebaut, mit deren Hilfe der Aufbau bei Bedarf um fünf Zentimeter angehoben werden konnte.

Da eine weitere Anforderung war, die Kosten für die Entwicklung im Rahmen zu halten, bediente sich die Mannschaft der Technik des Alfa Romeo 75. Das Chassis mit dem Getriebe an der Hinterachse (Transaxle-Bauweise) wurde allerdings an einigen Stellen mit Know-how aus der Rennabteilung der angestrebten Leistung angepasst.

So wichen die Torsionsfederstäbe an der Vorderachse herkömmlichen McPherson-Federbeinen, steife Uniball-Gelenke statt der herkömmlichen Gummielemente beseitigten Eigenbewegungen im Fahrwerk. Die nach dem DeDion-Prinzip aufgebaute Hinterachse erhielt ebenfalls einige Optimierungen, darunter ein Sperrdifferenzial.

110311_AR_HB_RZ_01

Gedacht war das Auto als Grand-Tourer im klassischen Sinne. So fiel die Serienausstattung relativ üppig aus. Klimaanlage, Ledersitze, eine lederverkleidete Armaturentafel und elektrische Fensterheber gehörten zur Serienausstattung. Die in Kohlefaser-Optik verkleidete Armaturentafel verströmte Rennsportatmosphäre.

Angeboten wurde einzig die Karosseriefarbe Rosso Alfa Romeo in Kombination mit dunkelgrauem Dach und naturfarbener Innenausstattung.

Nach nur 19 Monaten Entwicklungszeit war der ES 30 pünktlich für die Weltpremiere auf dem Genfer Automobilsalon im März 1989 serienreif. Was noch fehlte, war ein offizieller Name. Da die Produktion bei Zagato im Mailänder Vorort Rho erfolgen sollte, besann man sich auf eine legendäre Buchstabenkombination „SZ“ für Sprint Zagato.

Trotz des relativ hohen Grundpreises von anfangs 80.000 D-Mark (heute rund 41.000 Euro), später mehr als 100.000 D-Mark, gingen zwischen 1989 und 1993 exakt 1036 Alfa Romeo SZ an Kunden.

1992 ergänzte das Cabriolet Alfa Romeo RZ das Angebot, bei dem das Aluminium-Dach durch ein Stoffverdeck ersetzt war. Da Zagato nach dem offiziellen Verkaufsstopp durch Alfa Romeo den 140.000 D-Mark (rund 71.500 Euro) teuren Roadster in Eigenregie weiterbaute, ist die genaue Produktionszahl nicht genau ermittelbart. Belegt sind 287 Stück.

Heute sind beide Varianten SZ und RZ gesuchte Klassiker. In gutem Zustand erreichen Alfa Romeo SZ, dessen erste Exemplare inzwischen das begehrte H-Kennzeichen bekommen, und Alfa Romeo RZ deutlich mehr als den damaligen Neupreis.